Kommunale Selbstbestimmung: Ehrenbürger Henning Strauss schließt sich Landrat Stolz´ Forderung und SPD-Linie an
Ehrenbürger Henning Strauss unterstützt die Stadt Bad Orb bei der Wahrung des Kur-Kapitals Wald – und engagiert sich seit Jahren mit der Standortinitiative ALEA für die Neupositionierung der Kurstadt und der Stärkung des Markenkerns Kur. Im Interview spricht er über neue Entscheidungsgrundlagen aufgrund zweier Gutachten, „Nimbyismus“ – und die Möglichkeit eines Bürgerentscheides für Bad Orb.
Bad Orb arbeitet an der Zertifizierung eines Kur- und Heilwaldes am Horstberg. Nun bilden zwei Gutachten eine neue Entscheidungsgrundlage – warum ist der Kurwald die sinnvollste Lösung für Bad Orb?
Forsa-Umfragen, Petitionen, Gegenwind, offene Briefe: Am Horst scheiden sich die Geister. Nun schaffen neue Erkenntnisse eine neue Grundlage zur Bewertung der Situation. Erstens: Windkraft und Kurwald am Horstberg sind nicht miteinander vereinbar, wie es von Seiten des Energiekonzerns suggeriert wird. Zweitens hat die Stadt Bad Orb – wie vielfach unwahr behauptet wird – für mindestens zehn Jahre keinen Cent Gewerbesteuer zu erwarten. Für mich heißt das: Nur ein Projekt kann realisiert werden. Und es sollte das Projekt gewinnen, von dem Bad Orb auf lange Sicht mehr profitiert. Das kann nur der Kur- und Heilwald sein.
Ihnen wurde Nimbyismus (Not In My Backyard – „Nicht in meinem Hinterhof“) vorgeworfen. Wieso braucht Bad Orb keine Windräder in seinem Hinterhof?
Wenn im Frontyard schon Windräder stehen, darf der Backyard gerne freibleiben. Halb Bad Orb blickt auf den Windpark Vierfichten, weitere Windräder in Blickweite befinden sich im Bau. Im Kurpark würden wir keine Windräder bauen – warum dann im Kurwald?
Energiekonzern Örsted beruft sich auf einen lupenreinen demokratischen Vorgang bei der Vergabe der Windvorrangfläche. Wie lässt sich der Konflikt mit Örsted auflösen?
Es gab im Frühjahr ein Gespräch zwischen der Stadt und Örsted im Ministerium in Wiesbaden. In der Folge haben wir auf Wunsch des Ministers die Gutachten erstellen lassen. Ich habe mich bereit erklärt, die Kosten hierfür zu übernehmen. Jetzt warten wir auf das versprochene Folgegespräch. Parallel dazu habe ich mich in einem Brief an die Örsted-Zentrale in Dänemark gewendet, um eine wirtschaftliche Einigung möglich zu machen – dieser blieb unbeantwortet.
Landrat Thorsten Stolz (SPD) forderte Anfang des Jahres eine direkte Bürgerbeteiligung in der Causa Horstberg. Warum braucht Bad Orb den Bürgerentscheid?
Ich schließe mich Herrn Stolz an – die Orber sollen selber über die Zukunft Bad Orbs entscheiden. Mir ist klar, dass es formaljuristisch keine Grundlage für einen Bürgerentscheid gibt – unsere städtischen Gremien sprechen sich ja interessanterweise bereits einstimmig für den Kurwald am Horstberg aus. Mir geht es mehr um eine Grundhaltung, die übrigens im Koalitionsvertrag der Hessischen Landesregierung festgehalten ist: Kommunen müssen bei Windkraftprojekten mitbestimmen dürfen, was auf ihrem Gebiet geschieht. Nur so stärken wir unsere demokratische Grundordnung, die mehr denn je Schutz vor den Rändern braucht. Denn der nächste Bürgerentscheid kommt bestimmt. Die politischen Verantwortlichen sind sich bewusst, dass ihr gemeinsames Handeln spätestens im März 2026 neu von den Bürgern bewertet wird.